Die Abfindung ist die Aufgabe von Versorgungsanwartschaften /-ansprüchen gegen Zahlung einer Entschädigung. Daneben besteht auch die Möglichkeit, entschädigungslos auf die Versorgungsanrechte zu verzichten. Sowohl die Abfindung einer unter das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) fallenden Versorgungszusage als auch der Verzicht auf diese unterliegen grundsätzlich dem Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG. Erfasst werden auch Teilabfindungen/-verzichte und der gerichtliche und außergerichtliche Vergleich. Im Weiteren wird für all diese Formen nachfolgend nur der Terminus „Abfindung“ verwendet.
Verstößt die Abfindung gegen § 3 BetrAVG, so ist die Abfindung arbeitsrechtlich gemäß § 134 BGB nichtig. Die Versorgungsverpflichtung entfällt durch die Abfindung nicht. Die Versorgungsberechtigten (Arbeitnehmer, Hinterbliebene) können weiterhin die zugesagten Versorgungsleistungen vom Arbeitgeber fordern. Das Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG gilt aber nur für
- gesetzlich unverfallbare Anwartschaften nach Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis und
- laufende Leistungen.
Grundsätzlich abfindbar sind daher folgende Versorgungsanrechte:
- Anwartschaften im laufenden Arbeitsverhältnis, sofern die Abfindung nicht im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einem Ausscheiden aus dem Arbeits-/Dienstverhältnis steht
- vertraglich unverfallbare Anwartschaften nach Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis
- Anwartschaften u. laufende Leistungen, die als arbeitsrechtlich beherrschender GGF erworben wurden
- Kleinstanwartschaften/-renten, auch wenn sie gesetzlich unverfallbar sind (§ 3 Abs. 2 BetrAVG). Grenze: Rente nicht höher als 1 % und Kapitalleistung nicht höher als 12/10 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (2019: Rente 31,15 €; Kapital 3.738,00 €),
- Bei Rückerstattungen von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (§ 3 Abs. 3 BetrAVG)
- Teil der Anwartschaft, der während eines Insolvenzverfahrens erdient worden ist (§ 3 Abs. 3 BetrAVG)
- laufende Renten, soweit die Rente erstmalig vor dem 1.1.2005 gezahlt wurde.
Ausnahme bei Organpersonen:
Von § 3 BetrAVG kann bei Versorgungszusagen gegenüber Organpersonen (Vorstand, Geschäftsführer) ausnahmsweise nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts abgewichen werden.
Exkurs: Abgrenzung zur Kapitalleistung und zum Kapitalwahlrecht
Die Abfindung ist rechtlich nicht gleichzusetzen mit einem Kapitalwahlrecht bzw. einer Kapitalleistung. Die Kapitalleistung und das Kapitalwahlrecht werden bereits mit Erteilung in die Versorgungszusage aufgenommen. Das Kapitalwahlrecht ist ein Leistungsbestimmungsrecht. Es obliegt dem Versorgungsberechtigten in einem bestimmten Zeitraum vor Fälligkeit der Versorgungsleistung einseitig zu wählen, ob eine laufende Rente oder ein einmaliges Versorgungskapital bezogen werden soll. Der Arbeitgeber hat im Regelfall kein Mitspracherecht. Bei der nachträglichen Aufnahme von Kapitalwahlrechten kurz vor Eintritt des Versorgungsfalles ist zu beachten, dass dies als Umgehung des § 3 BetrAVG gewertet werden und damit nichtig sein könnte.
Höhe des Abfindungsbetrages
Erfolgt eine Abfindung nach § 3 BetrAVG, so wird bei Direktzusagen der versicherungsmathematische Barwert der zum Abfindungszeitpunkt erdienten Anwartschaft bzw. die laufende Versorgungsleistung ermittelt. Dabei sind die Rechnungsgrundlagen sowie die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik maßgebend. Üblich und in der Fachwelt weitgehend anerkannt ist die Anwendung der Bewertungsprämissen nach HGB (Richttafeln 2018 G von Klaus Heubeck, HGB-Rechnungszins zum Abfindungsstichtag (Zehn-Jahres-Durchschnitt), ggf. Rententrend/-dynamik).
Erfolgt eine Abfindung außerhalb des Anwendungsbereichs des § 3 BetrAVG (z.B. auch bei Organpersonen), besteht weitgehend Vertragsfreiheit. Die Fachwelt wendet in der Praxis die gesetzlichen Regelungen analog an, d.h. auch hier werden im Regelfall die Bewertungsprämissen nach HGB angewandt. Auch wir empfehlen dies.